Was die Seele gesunden lässt! Die Arbeit mit dem „Inneren Kind“
Wer kennt es nicht? Streit mit dem Partner, in der Familie, bei der Arbeit?
Am Ende unzufrieden, ist es sehr schwierig die Beziehung wieder in konstruktive Bahnen zu lenken. Es ist jedoch möglich, wenn Menschen bereit sind, ihre eigenen Verhaltensweisen zu ergründen.
Was hindert Menschen es anders zu machen?
Veränderungen sind unbequem, z.B. könnte man Gefahr laufen, von der Familie ignoriert zu werden. Weil man nicht dieselben Wertevorstellungen hat wie andere Familienmitglieder, entsteht eine Ablehnung dieser Werte. Als Folge dessen ist es einfacher, im alten Sumpf zu verharren, als diese alten Werte zu hinterfragen, um für sich selber eigene Wege zu finden.
Aber was steckt dahinter?
In unserer Kindheit haben wir gelernt uns Schutzmechanismen zuzulegen, damit wir auf unsere Art „überleben“. Jedes Kind hat es auf seine Art gemeistert und hat auf diese Impulse auf seine eigene Weise reagiert. Dabei hat es sich bestimmte Verhaltensmuster angeeignet, die ihn bis zum heutigen Tag begleiten und schützen.
Welche Folgen haben diese Ereignisse aus der Kindheit?
Egal, was geschah, es hat immer etwas in uns bewegt und hat Spuren hinterlassen. Also brauchen wir gar nicht erst zu denken, dass wir die armen Opfer sind und alles schlimmer ist als bei anderen.
Jeder hat an irgendetwas zu knabbern. Selbst wenn wir wohlbehütet aufgewachsen sind, kann in uns irgendein Mangelgefühl auftauchen. Vielleicht haben wir dabei gar nicht gelernt, es selber zu meistern, weil Mama und Papa die Aufgabe übernommen haben, die wir eigentlich längst schon hätten selber fertig bringen können.
Oder wir sind als kleine Machos aufgewachsen und haben uns über die Eltern gestellt. Dabei haben wir nie gelernt uns zurück zu nehmen. Wir wissen alles besser und plustern uns auf. Vielleicht ecken wir damit heute überall an.
Das kleine Kind von damals haben wir in unserem „Zellgedächtnis“, in unserem Unterbewusstsein gespeichert und es meldet sich, selbst wenn wir erwachsen sind.
Wir entdecken in Situationen im Beruf, in der Partnerschaft, in einer Familie, was wir an uns mögen und nicht mögen.
Zu Beginn in der Partnerschaft tragen wir eine rosarote Brille, Schmetterlinge im Bauch. Sobald diese Zeit vorbei ist, finden wir Eigenschaften an unserem Partner, die wir nicht wollen, da sie in uns selbst etwas hervorrufen und zunächst unbewusst an irgendetwas Vergangenes erinnern. Wir geben ihm die Verantwortung für unseren kindlichen Schmerz und sind schnell beim „Du hast dies falsch gemacht“, als bei uns zu schauen.
Eine beispielhafte Situation aus dem Alltag zeigt, was tagtäglich abläuft:
Er sagt klar, dass er nicht gestört werden möchte, weil seine Arbeit die äußerste Konzentration benötigt. Sie reagiert beleidigt mit den Worten: „Du magst mich nicht! Lässt mich immer im Stich. Ich muss alles alleine machen….“
Sie zieht sich schließlich zurück. Innerlich hat sie dabei den Gedanken, was er mir antut, tue ich ihm an. Vielleicht schmiedet sie innerlich sogar Pläne, wie sie es ihm heimzahlen könnte. Und manchmal kommt oben drauf noch ihr schlechtes Gewissen, dass sie so denkt und fühlt. Klar ist ihr, dass er schuld daran ist, dass es ihr schlecht geht. Der eigene Schmerz wird auf den Partner projiziert.
Als mögliche Folge redet er dann auch nicht mehr mit ihr. Und somit ist der Konflikt perfekt!
Was könnte bei ihr in der Vergangenheit passiert sein?
Schauen wir unter die Oberfläche, so hat sie vielleicht in der Kindheit Ablehnung erfahren, weil sie sich nicht angepasst hat. Oder aber sie hat sich sehr für das Wohl ihrer Eltern eingesetzt, weil diese miteinander Streit hatten und sie dann zwischen den Eltern vermitteln wollte. Dabei hat sie sich selbst verleugnet, usw. Es gibt viele mögliche Ursachen, bei denen der tief liegende Wurzel des Schmerzes zu finden ist.
Er erlebt etwas anderes: vielleicht eine Missachtung seiner Grenzen oder ein Erleben des Nicht-Verstanden-Werdens.
Wir bewegen uns dann in einem ständigen Teufelskreis. Alltagssituationen privat und im Beruf gibt es genug, woran wir uns aufreiben.
Gleichzeitig sind solche Reaktionen zutiefst menschlich und nachzuvollziehen, weil wir es in so vielen Jahren so gelernt haben.
Reaktionen unseres Partners, unserer Freunde, unserer Kollegen aktivieren wieder unsere Erinnerung an Ereignisse und Verhaltensweisen, die wir gelernt haben. Um unsere zurückgebliebenen und vernarbten Wunden nicht zu spüren, reagieren wir auf unser Gegenüber sehr häufig mit destruktiven Gedanken und handeln ebenso.
Der innere Schweinehund entscheidet sich lieber beim Alten zu bleiben um unsere Beziehungen nicht aufs Spiel zu setzen und um von unserem System nicht ausgeschlossen zu werden. Jedoch beeinflussen und belasten unbewusste und ungelöste Situationen ständig unsere Beziehungen und man wartet darauf, bis das Fass überläuft. In diesem Fall ist dann immer der andere Schuld.
Welche Wirkung und welcher Nutzen hat die Auseinandersetzung mit dem „Inneren Kind“?
Unser Gegenüber ist nur der Auslöser für unsere Not. Wir haben diese Gefühle schon einmal erlebt und werden in unserem täglichen Leben daran erinnert.
Sich bewusst zu werden, welchem „Strick-Muster“ das eigene Erleben folgt, ist ein erster großer Schritt. Schließlich möchte das „innere Kind“, dass Sie mit ihm Kontakt aufnehmen, es annehmen, es da sein lassen, es spüren mit all seinem Schmerz.
Wie schaffen wir es, diesem Teufelskreis zu entfliehen?
In der Kindheit lernten wir, dass andere Schuld sind an unserem Kummer. Diese Sichtweise bringt zwar eine kurzfristige Betäubung des Schmerzes, doch dieser kann jeder Zeit wieder aufbrechen. Ein kurzer äußerer Impuls reicht aus, und schon ist der Schmerz wieder da. Der Ausstieg aus dem Teufelskreis gelingt dann, wenn bewusst wird, dass der aktuelle Auslöser auf schmerzhafte Erlebnisse in der eigenen Kindheit zurückgeht. Der aktuelle Schmerz ist lediglich eine Erinnerung an frühere und vielleicht tief vergrabene schmerzhafte Erlebnisse.
Wenn wir aus diesem alten Muster aussteigen, und die eigenen Wurzeln entdecken, übernehmen wir selbst Verantwortung für unser Leben.
Es braucht zu allererst eine Entscheidung und die Bereitschaft aus dem Gewohnten aus zu steigen und sich auf Neues ein zu lassen. Es reicht nicht nur zu analysieren, sondern es ist wichtig diese Verletzungen wieder hautnah zu spüren und dieses Gefühl des z.B. Verlassen-seins, Liebesentzugs, abgewiesen-werdens, der Wut, der Angst zu fühlen, die wir damals als Schutzmechanismus verdrängt haben.
Ein Prozessbegleiter ist dabei äußerst wichtig, weil er empathisch die Weichen stellt, damit sich die negativen Gefühle umwandeln können zu Freude, Neugierde, Zufriedenheit und Glück. Einmal im Bewusstsein, was wir damals verdrängt haben, befreit uns von unserer „Dunstglocke“ und schenkt uns mehr Frieden in unseren Beziehungen.
Es ist ganz einfach und doch verhindert erst einmal die Angst vor dem Unbekannten den Klienten sich darauf ein zu lassen. Doch das Schlimmste ist bereits vorbei – es war damals.
Wie entstand die Arbeit mit dem „inneren Kind“?
Das innere Kind wurde durch Bücher von John Bradshaw und Erika Chopich/ Margaret Paul bekannt. Seit den 90 er Jahren haben sich verschiedene Modelle der „Inneren Kind Arbeit“ entwickelt.
Das „Innere Kind“ ist eine Betrachtungsweise innerer Erlebniswelten. Es speichert sämtliche Gefühle und Empfindungen und der „innere Erwachsene“ speichert alles Rationale.
Es geht darum, dass wir das Kind in uns wieder leben lassen, um am Ende die Balance zwischen Kopf und Bauch, dem „Inneren Kind“ und dem „Inneren Erwachsenen“ herzustellen. So erhalten wir einen liebevolleren Umgang mit uns selbst und demzufolge auch mit anderen.
Bei Menschen, solche Prozesse durchlebt haben, zeigt sich mehr Lebensfreude und Mut in Ihren täglichen Situationen. Selbst, wenn wir gewohnt sind wieder in unsere alten Muster zu fallen, können wir uns selbst danach schneller herausholen und darüber schmunzeln.
Es geht auch nicht darum, diese Gefühle weg haben zu wollen, sondern sie anzunehmen. Wenn wir in solchen Situationen darüber lachen können, dann haben wir unser Ziel erreicht.
Ein herzliches Dankeschön an unsere Eltern, die uns die Möglichkeit geben, an uns zu wachsen und selbstverantwortlich dem Leben zu begegnen.
Erschienen im Wochenblatt, Neumarkt